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LX ZUR VOLKSKUNDE. Religionen:im Hinduismus geändert. Jeder der drei Hauptgötter hat eine
Gattin: Brahman die Sarasvatî, die Göttin der Redekunst und Ge-
lehrsamkeit
, Vischnu die Lakschmî, die Göttin der Schönheit und
des Glücks, Schiva die in vielen Tempeln verehrte Durgâ, die
auch Pârvatî, Umâ, Kâlî usw. heißt. Dieser Göttin, die in den
Abbildungen eher als eine Furie erscheint, werden blutige Opfer
dargebracht, ursprünglich Menschen-, jetzt meist Ziegen- oder
Schaf-, selten Büffelopfer. Die Göttinnen gelten als die Schakti,
d. h. die Kraft, die Energie, die schöpferische Potenz ihrer Gatten,
und ihr Kult ist namentlich bei den Schivaiten entwickelt, welche
die übrigen Schaktis der Schakti des Schiva untergeordnet haben.
Diejenigen Hindus, die sich besonders dem Schaktidienst widmen
und dies zum Teil im Geheimen unter wüsten, unsittlichen Ge-
bräuchen
tun, führen den Namen Schâktas und bilden eine Unter-
abteilung
der Schivaiten.

Der Vischnuismus ist in die beiden Hauptzweige Krischnais-
mus
und Râmaismus gespalten. Die einen verehren den Vischnu
in der Erscheinungsform des Krischna, die andern in der des Râma.
Beide sind aus alten monotheistischen Stammesgemeinschaften her-
vorgegangen
, deren Gott Krischna ebenso wie Râma ur-
sprünglich
ein menschlicher Held gewesen ist, der zuerst zum
Stammesheros und später zum Gott erhoben wurde. Als es dem
Brahmanismus gelang, diese beiden religiösen Gemeinschaften in
sich aufzunehmen, machte er aus Krischna und Râma unter Be-
nutzung
der bequemen Theorie von den wiederholten Inkarnationen
(avatâra) Vischnus zwei Erscheinungsformen, in denen der Gott auf
Erden erschienen sei. So selten in der Religionsgeschichte die sog.
euhemeristische Mythenerklärung, die den Götterglauben auf dank-
bare
Erinnerung an ausgezeichnete Menschen zurückführt, im all-
gemeinen
auch zutrifft, so oft läßt sie sich in Indien als richtig
erweisen. Im Hinduismus ist beinahe jeder der zahlreichen Sekten-
stifter
nach seinem Tode vergöttlicht worden.

Der Krischnaismus ist älter als der Râmaismus und bis auf den
heutigen Tag in Indien verbreiteter; aber der Râmaismus ist tiefer
und vergeistigter und hat seine Anhänger unter den feiner gebil-
deten
Klassen der Hindus, die von einem Hang zu Beschaulichkeit
und Philosophie erfüllt sind, während der Krischnaismus mehr den
zu fröhlichem Lebensgenuß neigenden Mittelstand beherrscht. Zur
Verbreitung des Krischnaismus hat besonders die volkstümliche
Verehrung des Krischnakindes beigetragen, aber auch das sinnlich--
erotische
Element, das durch die alten Sagen von dem Leben des
jugendlichen Krischna unter den Hirtinnen geht und, mit theolo-
gischer
Spekulation verbrämt, zu Ausschreitungen geführt hat, die
den bei schivaitischen Sekten üblichen kaum etwas nachgeben. Der
Râmaismus zerfällt wiederum in zwei Sekten, die sich heftig be-
fehden
, während sie für die gemeinsamen Gegner freundlichere